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(Aargauer Zeitung 24.03.2002)

KIRCHDORF · Konzert mit dem coro sonoro
Die Klassikfans mussten sich gewaltig umstellen. Statt der traditionellen Klänge ertönten Werke, die sich an Musicals, Gospels und Jazz orientieren. Dank dem englischen Komponisten John Rutter und dem Chor öffneten sich die Herzen der Zuhörer, und das Konzert wurde zu einem grossen Erfolg.
Bachs monumentales «Magnificat» und Mozarts erschütterndes «Requiem» musste man vergessen. Dem 57-jährigen Rutter glückte eine Mischung moderner Unterhaltungsstile: eingängige Melodien voller Sinnlichkeit und Wohlklang, prägnante Rhythmen, eine brillante Instrumentation. Diese Musik, orientiert an Musicalkomponisten wie Bernstein und Webber, aber auch mit Anleihen aus der Popmusik, weckt das Verständnis für die Kirchenmusik. Dagegen ist beileibe nichts einzuwenden, sieht man davon ab, dass an einzelnen Stellen die Grenzen des Kitschs gestreift werden.

Sorgfältige Stimmbildung
Margret Sohn bestätigte frühere Konzerteindrücke. Sie hat das sichere Gespür, Werke auszuwählen, die ihrem 48-köpfigen jugendlichen Chor voll entsprechen. Grundlagen des Erfolgs sind die hohe Musikalität, eine sorgfältig aufgebaute Stimmbildung und vor allem auch die grosse Begeisterungsfähigkeit der Sängerschar. Mit sicherer Hand führte die Dirigentin ihre Schutzbefohlenen durch zwei anspruchsvolle Werke, die in der angelsächsischen Welt oft aufgeführt werden.
Die Aufführung vom Samstag endete mit einer Standing Ovation. Die neuen, überraschenden Klänge und die souveräne Darbietung zielten direkt in die Herzen der Zuhörer. Einen wesentlichen Anteil am Gelingen hatte das Ad hoc-Orchester. In gehaltvollen Soloeinlagen konnten sich einige Musiker auszeichnen.

Vom Freudengesang . . .
Effektvoll, packend, rhythmisch stark akzentuiert wurde das «Magnificat» eröffnet. Der Chor war aber auch zu innigen, sorgsam gestalteten Partien befähigt, wie der Teil «Of a rose, a lovely rose» bewies. Zwischenhinein entdeckte man auch Jazzelemente, die mitreissend gestaltet wurden. Der Chor entwickelte eine beeindruckende Klangfülle.
In eindrucksvollen Steigerungen bewies er viel Sinn für ein abgestuftes Tonvolumen. Als Sopransolistin zeichnete sich Noëmi Sohn aus; sie behauptete sich gut gegen den Chor und gestaltete die lyrischen Passagen gefühlvoll. Machtvoll schloss das «Manificat» mit dem von Paukenwirbeln gestützten Chor ab.

. . . zur Totenmesse
Das 1985 komponierte «Requiem» fusst auf einer persönlichen Auswahl von Texten, zum Teil aus dem Requiem, teilweise aber auch aus dem Book of Common Prayer von 1662. Auch in diesem Werk liess sich Rutter eingängliche Themen einfallen, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Höchst eindrücklich gelang der düster gefärbte Eingangschor, wobei der Chor mit einem innigen Pianissimo auffiel. Der Psalm 130 war durch demütige, sanfte Töne gekennzeichnet. Zu Herzen ging das «Agnus Dei». Nochmals fiel Noëmi Sohns heller, reiner Sopran in zwei Soloeinlagen auf.
Angesichts der ausgezeichneten Leistungen des coro sonoro und des Orchesters vergass man den Ärger vor dem Konzert. In einem Teil der Vorschauen war der Beginn auf 20 Uhr festgesetzt, erfolgte jedoch erst um 20.15 Uhr. So hatten etliche Dutzend Konzertgänger das zweifelhafte Vergnügen, lange Minuten vor der verschlossenen Kirchentür zu frieren. Um 20 Uhr war dann die Kirche voll besetzt. Doch jetzt musste man nochmals warten.