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fricktal24.ch 02.06.2008

Von: Hans Berger

Einfache schweizer Volkslieder, wie wir vermeintlich meinen sie alle zu kennen und oftmals in gemütlicher Runde, zur späten Stunde anstimmen, beinhaltete das andersartige Konzert, welches vom „Trio Räss“ und dem „coro sonoro“ in der Wittnauer Kirche am vorletzten Freitag gegeben wurde.

Ein Konzert, das Seele und Geist erfreute, vom ersten bis zum letzten Ton unter die Haut ging aber für die Körperhülle puren Stress bedeutete. Gänsehaut folgte auf Hühnerhaut und umgekehrt. Innerliche Freude, Sehnsucht, Wehmut, lösten sich ab. Weinen oder lachen? Ein Konzert voller Emotionen, nicht weil „patriotische“ Lieder gesungen und gespielt wurden, sondern weil in den Arrangements, wie bei den Gospels, eine Seele spürbar war.

Ja, es sind Volkslieder im Gospelstil ohne aber, dass die Kompositionen entfremdet sind. Keine elektronische Orgel, kein elektronischer Bass, kein Schlagzeug, machten den Sound aus. Vibraphon, Hackbrett und Kontrabass sind die Instrumente welche das „Trio Räss“ gekonnt, melodiös, harmonisch, rhythmisch bis mythisch zum Erklingen bringen. Ob blusig, jazzig oder rockig, was das Trio auch spielt, es bleibt einfache Volksmusik, aber mit grosser Musikalität und Feingefühl fürs Detail vorgetragen. 

Wenig deutete anfangs auf ein spektakuläres Konzert hin. Auch als Erich Fischer (Vibraphon), Belisa Mang (Hackbrett), Hannes Giger (Kontrabass), kurzum das Trio Räss, mit seinem unterschiedlichen, auffälligen Outfit die Kirche betraten, wies ansonsten noch nichts darauf hin. Aber bereits den ersten Ton, den Erich Fischer mit einem Bassgeigenbogen auf seinem Vibraphon erzeugte, liess etwas Besonderes erahnen. Nach der mystischen Ouvertüre, setzte übergangslos im hintern Teil der Kirche der Chor ein, so dass es einem kalt den Rücken hinunterlief. Das nächste Lied ertönte zuerst von der Empore, dann vom Altar und langsam, einem Sternenmarsch ähnlich, kamen die Sängerinnen und Sänger singend in die Kirche. Der Raum war klanglich erfüllt, so als ob sich die ganze Himmelsschar in Wittnau ein Stelldichein gäbe. 

Nach der Begrüssung durch den Gemeindeleiter Christoph Küng, sang der Chor unter der dynamischen Leiterin Margret Sohn „Im Aargäu sind zwöi Liebi“. Ein Lied, das „Otto Normalverbraucher“ wenn er es dann mal singt, einfach so herunterleiert. Der Chor aber macht der Zuhörerschaft die tragische Stelle des Liedes „und der Jungknab zog zum Kriege“ bewusst. Fertig lustig, Nachdenklichkeit kommt auf und das Volkslied wird so zum Antikriegslied. Diese Art des Arrangements ist symptomatisch für das ganze Programm. Der Chor gibt den „einfachen“ Volksliedern eine neue Bedeutung einen neuen Sinn. 

Mal lustig mal tiefsinnig folgte Höhepunkt auf Höhepunkt und gipfelte in „Le vieux chalet“ aber vorallem in „Luegid vo Bärg und Tal“. Der Chor aus Kirchdorf,  zusammen mit dem Trio Räss begeisterte vollends und so wundert’s wohl kaum, dass das Publikum sie nicht ohne dreifache Zugabe entliess.